Eine unbekannte Pflanze im Garten
Vor einigen Jahren entdeckte ich in meinem Garten eine mir unbekannte kleine Pflanze mit hübschen gefiederten Blättern. Also beobachtete ich sie. Im nächsten Frühjahr kam sie nicht wieder, und ich vergaß sie.
Die Rückkehr als Beifuß-Ambrosie
Eines Tages sah ich sie auf einem Foto in der Tageszeitung wieder. Sie wurde Beifuß-Ambrosie genannt und war wahrscheinlich mit Vogelfutter aus Nordamerika zu uns gekommen. Der Artikel rief dazu auf, jede Ambrosie vor der Blüte auszureißen. Sie sei nämlich mit ihren „aggressiven Pollen“ für Heuschnupfen, allergische Bindehautentzündungen und Asthma verantwortlich.
Der Reflex des Ausrottens
Im Ausrotten ist unsere Kultur bekanntermaßen ganz groß. Bevor sich eine Besucherin aus der Fremde überhaupt richtig vorstellen kann, wird sie erst mal bekämpft. Das scheint ein Reflex der weißen Zivilisation zu sein.
Neugier statt Vernichtung
Ausrottungsaufrufe machen mich neugierig auf das Wesen, das bekämpft werden soll. Ich sammelte also Informationen. So erfuhr ich, daß einige Menschen allergisch auf die Pollen der Beifuß-Ambrosie reagieren können. Das geschieht jedoch jedes Jahr zur Hauptblütezeit auch bei unzähligen einheimischen Pflanzen.
Medizinisches Wissen der First Nations
Für die Heilerinnen der First Nations war die Beifuß-Ambrosie eine geschätzte Medizinpflanze: die frischen grünen Blätter galten als entzündungshemmende Wundauflage und konnten Durchfälle lindern.
Die amerikanischen Ureinwohner haben übrigens viele der fremden Pflanzen, die die weißen Siedler mitbrachten, in das reichhaltige Repertoire ihrer Heilpflanzen aufgenommen. Das nenne ich einen respektvollen Umgang mit dem Fremden.
Über Allergien und Überreaktionen
Und was ist mit den Allergien?
Leider ist hier nicht genug Platz, um auf dieses Thema einzugehen. Wollten wir alles ausrotten, worauf unsere durch Impfungen, Antibiotika und Desinfektionsmittel irritierten Immunsysteme allergisch reagieren, stünden wir bald allein da.
Das Indische Springkraut
Gegen eine weitere ausländische Pflanze ist zum Vernichtungsfeldzug aufgerufen worden: das Indische Springkraut, auch Balsamine genannt, eine bis zu 1 m hohe Pflanze mit schönen, rosafarbenen, orchideenähnlichen Blüten.
Liebhaber dieser auffälligen Pflanze brachen sie vor etwa hundert Jahren aus dem Himalaya mit. Aber erst seit wenigen Jahren breitet sie sich auch außerhalb der Gärten an feuchten Stellen aus und erweist sich als sehr vital. Diese Lebenskraft wirft man ihr vor: sie soll alle anderen Pflanzen verdrängen. Kurzfristig scheint das zu stimmen. Aber erst seit der systematischen Begradigung von Bachläufen und der damit verbundenen Rodung von uferbefestigenden Bäumen wie Eschen, Erlen und Weiden besiedelt das Springkraut die entstandenen Lücken. Darüber freuen sich die Bienen, denn der Pollen der Balsaminen ist ihnen zur wichtigen Nahrung geworden, seit die Landwirtschaft ihnen die Nahrungssuche mit Monokulturen und Pestiziden immer schwerer macht. Vielleicht haben die Bienen ja das Springkraut um Hilfe gebeten.
Die Bachblüte Impatiens
Die Bachblüte Impatiens kann Menschen mit einer hohen mentalen Spannung, einer weit verbreiteten Störung in unserem Kulturkreis, zu mehr Gelassenheit verhelfen. Und wer gelassen ist, wird sehen, daß im Laufe der Zeit das Indische Springkraut von Brombeeren überwuchert und sich aus dem Schatten der hochwachsenden Bäume zurückziehen wird. Alles reguliert sich, wenn wir es lassen!
Die dreizehnte Fee und das Fremde
Wenn wir es aber bekämpfen, ausladen, verbannen, dann kommt es unerwartet wieder in unser Leben wie die dreizehnte Fee im Märchen von Dornröschen. Die Zahl Dreizehn weist darauf hin, daß sie etwas Unberechenbares repräsentiert, daß sie eine ist, die die alten Gewohnheiten stört und neue Impulse bringt. Die dreizehnte Fee erscheint wieder und versetzt Dornröschen in einen tiefen transformierenden Schlaf.
Ein Plädoyer für das Willkommen
Deshalb plädiere ich dafür, die grünen Helferinnen aus der Fremde willkommen zu heißen. Ich bin überzeugt, daß sie uns dann erzählen werden, was sie uns geben wollen.




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